Wie kam die "Seufzerallee" in Oberursel zu ihrem Namen?

Wieso nicht? Der moderne Glaube das früher alles anders war (und jetztfür immer so bleibt) ist und war schon immmer eine Illusion.

... auch eine Volksweisheit aus dem Hessischen, die zu Beginn des letzten Jahrhunderts zu allen Gelegenheiten gern gesagt wurde.

Danke für den lustigen und interessanten Beitrag zur sogenannten "Seufzerallee" von Oberursel.

Es zeigt, dass das der Volksmund schon immer einen wesentlich unbeschwerteren Umgang mit Sexualität hatte und hat, als es seitens Obrigkeit und Establishment vertreten und eingefordert wurde und wird.

"Familienpolitisch günstig stehende Laternen" stammt aber sicher nicht von 1908. Diese Formulierung der Zeitung ist eine typische, für lustig empfundene Umschreibung aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, hier wahrscheinlich sogar 2007 noch benutzt. Das wirft eher ein Glühlampen-Licht auf die heutige Zeit im Lokalblatt.
1908 würde das diesbezügliche Schrift- und Amtsdeutsch "Unzucht" gehießen haben.

Ob die Recherche so stimmt? Keiner wird´s genau wissen. Vielleicht haben sie in dieser schummrigen Lottergasse des Kaiserreichs auch nur zu viel Appelwoi gesoffen und es hieß vielleicht ursprünglich nicht Seufzer- sondern Säufergasse...

Ja, das sehe ich im Prinzip auch so.

Der Zeitungsartikel stammt natürlich von 2007, doch der Name "Seufzerallee" dürfte nahezu ebenso alt sein, wie das (einstige) Gaslicht in dieser Strasse.

Ich frage mich nun, was die Menschen damals veranlasst hat, diesen Namen zu erfinden. Ob es wohl mindestens einen konkreten historischen Fall von "outdoor-sex" im heutigen Sinne dort gegenen hat? Oder gar mehrere? Wenn ja, dann hat sich das sicher wie ein Lauffeuer herungesprochen, wenn auch hinter vorgehaltener Hand.

Doch ich kann mir kaum vorstellen, dass es zu jener Zeit solch fortschrittlich-mutige Paare gab, so dass der Namensschöpfung wohl eher eine Phantasie zugrunde lag.

Immerhin könnte ich mir vorstellen, dass es Anfang des 20. Jahrhundertst in dieser Hinsicht doch etwas lockerer zuging als 30 oder 50 Jahre später.

Ich werde wohl mal einen einheimischen Heimatkundler fragen müssen, wenn ich wieder einmal dort bin.

t.

Ja, in der Tat eine interessante Frage.

Seufzen und einen Seufzer ordnet man ja nicht unbedingt in erster Linie einer wohligen Empfindung zu. Meist wird es doch als Ausdruck von Kummer, Klage und Resignation gewertet, so wie bei der Seufzerbrücke in Venedig.

1. Ein "gefallenes Fräulein" hätte 1908 Anlass zum kummervollen Seufzen gehabt. Vielleicht ist das der Hintergund der Namensgebung für die Neutor-Allee am damaligen Stadtrand?
2. Oder hatten die dortigen Anwohner allen Grund zum Seufzen wegen ihrer stiefmütterlichen Behandlung in Sachen Beleuchtung durch die Stadtverwaltung?

Positiver sind da schon Gefühle wie Sehnsucht und Erleichterung, die auch im Seufzen stecken können.

3. Also doch das heimliche junge Liebespärchen, welches sich 1908 nur outdoors und nur im Schutze der Nacht treffen konnte. Lediglich einen einzelnen spitzen Seufzer erfüllter Sehnsucht konnten sie da nicht unterdrücken?

Gibts noch andere Ideen?

Hallo,

ich glaube kaum, daß zu Kaisers Zeiten Menschen so mutig waren, sexuelle Handlungen mitten in der Stadt oder in einem bewohnten Gebiet zu praktizieren. Mal ehrlich, selbst die hartgesottensten Mitglieder dieser Gruppe würden das kaum riskieren, trotz größerer Dunkelfelder bzw. einer Strassenbeleuchrung, die nicht der DIN 5044 entspricht, oder?

Ich glaube daher, daß die Deutung des Namens "Seufzurallee" im Hinblick aud Sex, so wie es durch die Formulierung "familienpolitisch günstig stehende Gaslaternen" suggeriert wird, eher ein Produkt der Neuzeit ist. Vielleicht wollte der Zeitungsredakteur seinen Artikel damit auch nur ein wenig ins rechte Licht rücken.

Wahrscheinlich beschränkten sich damals die Paare dort auf Küsse und Umarmungen und in Zeiten, in denen Sex vor der Ehe tabu war, muß selbst das schon so aufregend gewesen sein, dass man eben dabei Seufzer ausstiess.

t.